Pressestimmen

Genral-Anzeiger Bonn vom 15.3.2014 zur Lesung auf Burg Lede

Burg Lede in Vilich
Lyrischer Abend mit Ingritt Sachse

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VILICH. Ingritt Sachse beschreibt eine Lärche in der Godesberger Augustastraße, deren lange Arme sich im Wind wiegen. Und einen Ausflug zum Weiherberg in Bremen, dessen Teufelsmoor dunkel und rau ist. "Die Ideen für meine Gedichte bekomme ich durch Beobachtungen", sagte sie.
Unter dem Motto "poetische Ansichten" las Sachse eine Auswahl ihrer Gedichte in der Burg Lede. Dazu spielte der Cellist Bernhard Zapp Improvisationen und Stücke von Bach, Berio und Ernest Bloch. Viele ihrer Gedichte hatte Sachse noch nicht veröffentlicht, sie sollen in einem dritten Gedichtband erscheinen.
"Einige sind aber fester Bestandteil meines Programms und wandern mit", sagte sie. Seit drei Jahren macht sie die lyrischen Abende auf der Burg Lede. Entstanden ist die Idee bei einem Tag des offenen Denkmals.

Ingritt Sachse & Bernhard Zapp
Ingritt Sachse und Bernhard Zapp bei der Lesung. Foto: Ottersbach

"Ich fand es hier so toll, dass ich Burgherr Ferdinand Freiherr von der Loë nach einer Veranstaltung fragte." Der Burgherr willigte sofort ein.

"Das ist auch das Ziel einer Burg, für Gäste da zu sein", sagte er. Mittlerweile sind Sachses Lesungen in einem Salon direkt am Eingang, einmal las sie in der etwas größeren Bibliothek. "Aber in dem kleinen Raum ist das viel intimer, es lenkt nichts ab", so Sachse. Der Kontakt zu den Zuhörern sei dadurch direkter.
Burg Lede in Vilich:
Lyrischer Abend mit Ingritt Sachse
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Genral-Anzeiger Bonn vom 23.3.2013 zur Lesung auf Burg Lede

Heitere und
dunkle
Emotionen

Lyrik und Musik
auf Burg Lede

 

VILICH. "Eine Schale blaues Licht" lautete der Titel des Lyrik­abends, bei dem die Bonner Dich­terin lngritt Sachse am Mittwoch Gedichte aus ihren zwei Bänden ,,in schattengängen streut licht" und ,,vergessene landstriche die wir begehen" sowie neue Werke vorstellte. Bei der Lesung in der Burg Lede wurde sie musikalisch begleitet von Cellist Bernhard Zapp. Kerzenlicht, knackende Holz­dielen und die alten Gemälde im kleinen Salon der gotischen Was­serburg boten eine passende, sehr intime Atmosphäre, in der Sachse die Zuhörer in ihre farbenreichen Welten mitnahm. lhre Gedichte bewegten sich in hellen Stadt­landschaften oder in fantastischen Naturräumen wie Wäldern und Küsten und ließen dabei mal hei­tere mal dunkle Emotionen ent­stehen. Dabei war durchaus he­rausfordernd, mit welchen Stim-

Ingritt Sachse und Bernhard Zapp auf Burg Lede
Auf Burg Lede: Ingritt Sachse (l.) und Bernhard Zapp.
FOTO: B.Kuck

mungswechseln und Stilbrüchen Sachse ihre Zuhörer konfrontierte. ,,Moselwein, sagt die Vermieterin, wurde lange unterschätzt", hieß es zum Beispiel an einer Stelle - auf­geschnappte Satzfetzen und lose Assoziationen mischten sich unter starke Bildwelten. ,,Mir fehlt ein wenig die Har­monie in den Gedichten. Kaum hat man sich darauf eingelassen, kommt ein Wort, das einen wieder ganz herausreißt, befand eine Zuschauerin in der Pause. ,,Ich weiß, das meine Gedichte nicht immer leicht zu lesen oder zu hö­ren sind - so ohne Punkt und Komma wie sie geschrieben sind", sagte Sachse. Inspiration für ihre Werke fände sie überall. Es könn­ten Gemälde sein oder Dinge, die sie im Beruf aufschnappe. Sachse ist Psychotherapeutin und hat eine freie Praxis in Bonn. dom


Rezension des Gedichtbandes "in schattengängen streut licht" von Rolf Birkholz, in der online-Ausgabe der Zeitschrift für Literatur "Am Erker".

Rezensionen Ingritt Sachse: in schattengängen streut licht

Grund aus Liedern und Geschichten

Rolf Birkholz

Zu Beginn "greift meine kinderhand / in einen grund aus / liedern und geschichten // fallen federn schwarz und / bunt mein neues kleid / mein tanz". Dieser Anfang gibt den Ton an in Ingritt Sachses Gedichtband in schattengängen streut licht. Auch die Erwachsenenschreibhand - oder ist sie dann auch Kinderhand? - arbeitet mit dem Material der Jahre und des Tages.

Das kann eine Variation des Märchens vom Froschkönig sein oder eine heitere, assoziative Lautkette: Von Rosen und Rosinen "geht es mit der alten / rosinante zu der / allerliebsten tante" bis zu Rosenmund und Rosenkohl. Aber so unbeschwert wie etwa auch in dem weiblich-listigen "du brauchst mir keine / stöckelschuh / zu schenken" gibt sich die lyrische Person nicht immer, und wo das Leben wie am Schnürchen läuft, "ver- / strick ich mich in / vor / zurück / zerreiß den strick"

In ihren Gedichten tastet sich die in Bonn lebende Autorin, geboren 1946, durch Gedanken- und Gefühlswelten, in klangbewussten, gelegentlich überbebilderten Kurzversen, die für eine durch "brandsätze der träumer" beleuchtete Anderswelt stehen mögen.

Mit dem Anfang korrespondiert gegen Ende des Buchs ein Gedicht zu Christian Boltanskis Installation "Vanitas": "tanz auf der geister: / blassen wandhaut schatten: / tanz / bemessen / in der höhle taktet / zeit / sekundengrab ver: / schwinden und ver: gehen / mensch: sein / tanz: sein / schatten"


Drei Mal Drei

Katalog zur Ausstellung im Haus an der Redoute,
22. März bis 15. April 2012.
3 Künstlerinnen in 3 Räumen:
Sabine Krüger, Malerei - "Der Linie auf der Spur"
Brigitte Schlombs, Skulptur - "Innen im Aussen"
Andrea Temmling, Malerei - "Augenblick mal"
Ingritt Sachse, Gedichte - "9 lyrische Kommentare"
3mal3

Veröffentlichung in: "Federwelt"
- Zeitschrift für Autorinnen und Autoren -
Nr. 94, Juni/Juli 2012
Gedichtveröffentlichung: "sein schneller flacher atem"
Federwelt

Besprechung der Lesung "das meer die blicke auf mich richtet" im General-Anzeiger Bonn vom 12.4.2011:

Lyrik mit bedrohlicher Kraft

Rund 100 Zuhörer kommen zur Lesung mit Ingritt Sachse in das Haus der Redoute

BAD GODESBERG.
Ingritt Sachses Werke entfalten vor dem Hintergrund der Katastrophe in Fukushima eine mitunter bedrohliche Kraft. Schon das Motto des Lese-Abends "Das Meer die Blicke auf mich richtet", zu dem Veranstalterin Barbara Ter-Nedden in das Haus an der Redoute eingeladen hatte, ließ die Zuhörer in Anbetracht der zerstörerischen Kraft des Tsunami erschauern. Sachses Naturlyrik beschäftigt sich nicht mit abstrakten Ideen, sondern zeichnete bleibende Bilder, mal düster, mal romantisch verklärt.
Rund 100 Gäste waren zu der Lesung gekommen. Mit so vielen hatte Buchhändlerin Barbara Ter-Nedden gar nicht gerechnet. Im Vorfeld hatte sie sich zurückhaltend geäußert, dass dieses Mal nicht so viele Besucher kommen würden wie beim literartisch-musikalischen Soirée im März.

Doch es hatte sich herumgesprochen, dass Ter-Nedden ein feines Gespür für Texte hat und es auf ihren Lesungen versteht, sie gekonnt mit Musik zu verbinden. Sachses Naturlyrik fand ihre Entsprechung in zeitgenössischen Solowerken für Cello, vorgetragen von Bernhard Zapp. Ein Gewinn war auch Schauspieler Karsten Gaul, der einige Gedichte von Sachse las.
Entdeckt hatte Ter-Nedden die Autorin bei einer Lesung. Sachses Anklage gegen den Mond, der wie ein Spanner in fremde Schlafzmmer blickt, hinterließ bleibenden Eindruck. Die Psychotherapeutin veröffentliche ihre ersten Texte 1999. Im Frühjahr erschien ihr Gedichtband "in schattengängen streut licht".


 

Besprechung des Lyrikbandes "in schattengängen streut licht" in: eXperimenta im April 2011:

Von Melanie Wirtz

Wenn Feuerfeen in Stöckelschuhen auf Lavendeltreppen laufen Der Gedichtband „in schattengängen streut licht“ von Ingritt Sachse Es gibt wohl kaum eine literarische Form, die Lesermeinungen so polarisieren kann wie Lyrik. Während man in Prosatexten, auch wenn man vom Text nicht überzeugt ist, oft noch den einen oder anderen Handlungsstrang, die geschaffene Atmosphäre oder den Stil insgesamt für gut befinden kann, bietet Lyrik diese Alternativen kaum. Es ist eine besondere Kunst, Bilder in wenigen prägnanten Worten zu erschaffen. Gleich ganze Welten von Mythen und Träumen kreiert Ingritt Sachse in ihrem gerade erschienenen Lyrikband in schattengängen streut licht. Zu Beginn des Buches reihen sich Gedichte aneinander, die die Surrealität von Träumen in Worte fassen.

„tagdunkler schlaf
traumwildes
gefieder sträubt sich
der vogel die fellrote
katze federn wirbeln
flügel und fell ins
dunkel stürzen ins
licht
traumschlaf: ich und
meine geflügelte katze“

Dem Traumschlaf folgen eine Frau im Echsenhemd, Schattengänge und Lavendel- treppen und immer wieder werden magische Bilder geschaffen, die zwischen Traum und Realität schweben. Dem eher rational veranlagten Leser wird einiges abverlangt, wenn er der Autorin in diese Welten folgen will:

„lavendeltreppen
steigen leicht in
lichte bläue
ziehen langen weiten
bogenstrich ferner
klänge blauer leiter
und gesänge aus dem äther schläft
dornröschens weiße schuld und
blaue (nette) zellen für
das wilde blut
das ochsenblut-
haus lehnt sich
an lavendel“

Die Faszination für solch magische und traumhafte Welten hängt wohl mit Ingritt Sachses Arbeit als Psychotherapeutin zusammen. Ihr ist also schon vom Berufsweg her das Unbewusste nicht fremd. Dichterische Vorbilder findet Ingritt Sachse in Sarah Kirsch und Rose Ausländer. Das wird insbesondere in dem Gedicht cento (kirschro- sen) deutlich, das explizit aus Textpartikeln beider Autorinnen besteht. Die Kunst der Autorin liegt in der Kreation stimmiger Bilder und ihrem geradezu liebevollen Umgang mit der Sprache. Zu den Stärken des Gedichtbandes gehört aber insbesondere die gelungene Übertragung von Märchen und Mythen in den All- tag. Und dieser Alltag ist oft nicht märchenhaft, sondern ziemlich profan:

„und war
noch immer des goldes
nicht satt der
prinz der gemahl und sie
des bleibens nicht sicher. dann
kurzer hand
warf sie den
prinz an die wand. kein frosch
der sich fand (verwandlung ihm
anzubieten) und
bleibt ein geworfener
prinz
an der wand“

Während im Märchen der Frosch zum Prinzen wird und damit für die ewige Hoff- nung der Frauen auf die große Liebe steht, bleibt im realen Alltag der Prinz immer nur das, was er ist.
In ihren gelungensten Gedichten verknüpft Ingritt Sachse diese Bilder, eine atmo- sphärische Sprache und das Ankommen in der Realität miteinander:

„treibt wie der krumme mond
im hellen holz der fichte
mein leben gemaserte
zeit
begleiten wir uns
ich und mein leben mal
treibt der eine mal
reibt sich der mond auf dem

holzweg aber bleibt doch
mein leben“

Ganz anders zeigen sich dagegen einige Gedichte, in denen Ingritt Sachse nahezu ganz die Welt der Bilder und Träume verlässt. Diese Gedichte sind dann nett zu lesen, zum Teil humorvoll, aber auch weniger subtil:

„du brauchst mir keine
stöckelschuh
zu schenken. Ich
würde mir doch nur
den fuß
verrenken oder
mit schweren beinen übers
pflaster schaukeln der absatz
würde sich in ritzen
bohren ich
will die dinger nicht sie sind

an mir verloren     ach so
du sagst von gucci und
aus schlangenhaut gemacht
na ja
vielleicht
könnt ich die dinger schleppen und
meine beine etwas
peppen will mir die
stöckelsünde
nicht versagen und zieh
sie an mein schatz du
darfst mich tragen“

Wie gesagt: Nichts polarisiert so stark die Lesermeinungen wie Lyrik. Ein großes Plus von Ingritt Sachse ist, dass ihre Gedichte vielfältig sind. Denjenigen, die moderne Lyrik mögen und eine Autorin kennenlernen wollen, die ein breites Spektrum an Bildern, Stimmungen und Gedankenwelten entstehen lassen kann, seien die Gedichte sehr empfohlen. Es bleibt zu wünschen, dass in Zukunft noch mehr von einer Autorin zu lesen sein wird, die die Fallstricke des Lebens kennt und diese gekonnt in Worte fasst:

„mein leben wie am
schnürchen schnurrt es kurz und
zerrt an leine seil strick ver-
strick ich mich in
vor
zurück
zerreiß den strick
zerbeiß den stock und wieder
bind ich‘s an den pflock
mein leben
wie am schnürchen (geht
am stock)“

Melanie Wirtz, eXperimenta


Besprechung im General-Anzeiger Bonn vom 24.3.2011:

"In Schattengängen streut Licht"

Muffendorferin hat einen Gedichtband veröffentlicht

BAD GODESBERG. 73 Gedichte enthält die kürzlich im Athena Verlag erschienene Erstveröffentlichung der in Muffendorf lebenden Lyrikerin Ingritt Sachse.

Auf den 85 Seiten finden Echsenfrauen ebenso ihren Platz wie in die Tiefe führende Muschelgänge, der Schneemond ebenso wie das "Schilfgeflüster". In ihren Gedichten lässt Ingritt Sachse vergessene Welten lebendig werden. Sie erinnern an Mythen, Träume, Wünsche und an vergangene Kindertage.

"In Schattengängen streut Licht", so lautet der Titel des gänzlich ohne Großbuchstaben auskommenden Lyrikbandes, den die Psychotherapeutin am Freitag, 8. April, bei einer Lesung in der Bad Godesberger Parkbuchhandlung dem Publikum persönlich vorstellen möchte.

Muscheln, Vögel, Höhlen, Tau - die Natur spielt in den Gedichten durchgehend eine tragende Rolle und bildet somit gleichsam das Bindeglied zwischen den geschilderten Fantasie- und Traumwelten auf der einen und die alltagslyrischen Texte auf der anderen Seite. Denn auch dort sind es Wolken und der Sommer, welche die impressionistischen Fixpunkte der Verse bilden.

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Besprechung im Weserkurier vom 8.3.2011:

Mit "in schattengängen streut licht" legt Psychotherapeutin Ingritt Sachse ihren ersten Gedichtband vor

08.03.2011

Muschelhorn mit weichem Gesang

Von Albrecht-Joachim Bahr

Vegesack. Ingritt Sachse ist Psychotherapeutin. Sie hat dieser Tage ihren Gedichtband "in schattengängen streut licht" vorgelegt. Lyrik aus der Feder einer Seelenklempnerin? Wie viel Freud erwartet uns da? Wie viel Couch (obwohl sie ihre Klienten bittet, in einem Sessel Platz zu nehmen)? Und kommen Bewegung, Tanz und Bilder zu Worte, die Elemente, die in ihre Arbeit einfließen? Eine Annäherung an einen "grund aus liedern und geschichten".

Es beginnt - genauer: das zweite Gedicht der Sammlung beginnt mit: ein kalter rosenhimmel dieser morgen. Alles klar, sagen wir, klingt nach Homer, der seinem Odysseus zu fast jedem neuen Tag die rosenfingrige Göttin der Morgenröte beschert. Aber der rosenhimmel wandelt sich. Hier die Metamorphosen: rosinen, rosinante, tante, stock und rosenstock, schließlich rosenmund und rosen kohl. Einige Gedichte später wandelt sich der absatz über dachsatz zu dach. Wir werden an einen assoziativen Ansatz erinnert ("Was denken Sie, wenn Sie ... hören?")

"Ich kann gar nicht so viel darin sehen", sagt Ingritt Sachse, und ist erstaunt, was anderen dazu einfällt. Und es fällt einem viel ein, wenn man sich mit ihrer Wortwelt einlässt. Da sind die Träume, da sind Ängste, der Tod, der Tanz bei Anprobe just auf einer Shoppingtour gekaufter Klamotten (maitango), da sind Meer und Muscheln, Ochsenblut und Lavendel. Da gibt es den Flug zu den Wolken. Und wenn wir aneinander uns verjüngen und täglich dabei älter werden wir wie helle kiesel kichern dunkle steine reiben bis sie glänzen, klopft auch die Erotik an. Schließlich ist dann da noch die Sehnsucht nach Freiheit und der Drang, trotzdem wieder zurück in die Spur zu kommen:

mein leben wie am schnürchen schnurrt es kurz und zerrt an leine seil strick verstrick ich mich in vor zurück zerreiß den strick zerbeiß den stock und wieder bind ichs an den pflock mein leben wie am schnürchen (geht am stock)

Ingritt Sachse wird 1946 in Bremen geboren. In Burg wächst sie auf, zieht später nach Schönebeck. Nach dem Realschulabschluss schlägt sie den Berufsweg Kindergärtnerin ein, studiert in Bremen Sozialpädagogik und arbeitet schließlich bis 1980 im Schulkindergarten in Lesum. Dann aber hat sie die Chance, "das kleine Bremen zu verlassen": Sie geht - "der Liebe wegen, jedenfalls für's Erste" - nach Berlin. Dort arbeitet sie an einer Gesamtschule. Aber Ingritt Sachse will mehr: Nebenbei studiert sie Psychologie an der Freien Universität und macht 1991 ihr Examen.

Nebenbei schon beginnt sie eine Ausbildung als Psychotherapeutin, die sie 1998 abschließt und von der Kassenärztlichen Vereinigung als praktizierende Ärztin zugelassen wird. 1998 wieder ein geografischer Schnitt. Offensichtlich war das Problem mit Bremen, dass es nicht zu klein war - es war nicht klein genug: Es zieht sie nach Bonn - "der zweiten Liebe hinterher". Ihr Lebenspartner jetzt ist ebenfalls Psychotherapeut. Aber: "Jeder hat seine eigene Praxis." Und Ingritt Sachse arbeitet unter anderem mit Bewegung, Tanz und Bildern. Beruflich war's ein langer Weg, aber, sagt sie, das Ziel jetzt habe sie schon als Kindergärtnerin angepeilt.

Auch Gedichte schreibt sie "schon immer - irgendwie". Zuerst aber sind es Kindergeschichten gewesen, die während ihrer Arbeit im Kindergarten in Lesum "aus der Not entstanden sind". Aus Geschichten für die Kinder dort wurden später dann Geschichten für ihre Neffen. Zeitweilig sehr eigenwillige biografische Texte und Beobachtungen. Sie lässt viel aus ihrer Arbeit mit einfließen. "Dann wurden die Texte immer kürzer, wurden eher zu Gedichten." Und die ersten schreibt sie dann, vor gut 14 Jahren, "in Bonn", sagt sie heute und betont: "Bonn, das ist inzwischen so stimmig." Und wir denken: Den Strick, der sie einst an Bremen gebunden hat, hat sie zerrissen. In Bonn bindet sie ihr Leben wieder an einen Pflock - hat sie nicht von "biografischen Beobachtungen" gesprochen?

Manchmal ist es Absicht

Sachses Gedichte entstehen aus unterschiedlichen Gründen. "Manchmal ist es Absicht", sagt sie, "aber nie zu konstruiert". Und falls doch "dauern die dann länger." Dann sucht sie Wörter, macht Notizen, sucht immer wieder einen Ausweg. "Später wird was draus." So wie was aus der Begegnung mit einer Cellistin wird, die sie in einem Konzert erlebt, das sie sehr berührt hat:

die cellistin - schwirrt alles vibriert summt helle haut ihr ton nackt und dünn ihr gepuderter flügel ist schwebe alles ist flüstern fassbar nicht der halt in schattengängen streut licht streut dämmriges licht nicht löschen

Keine Angst übrigens, dass es bei Ingritt Sachse (fast immer) ohne Punkt und Komma zugeht. Wie verschachtelt die Sätze, die Worte sind, wie sprunghaft manchmal die Über- und Weiterleitung: schon in der dritten Zeile haben uns die Worte wieder in der Spur. Zurück zur Psychotherapeutin und wie offensichtlich auch Protokolle der Sessel-Gespräche zu Buche schlagen können, denn ihre Berichte, sagen Kollegen, lesen sich wie Geschichten. Und, wie gesagt: Geschichten werden bei Ingritt Sachse "immer eher ein Gedicht".

und war noch immer des goldes nicht satt der prinz der gemahl und sie des bleibens nicht sicher. dann kurzer hand warf sie den prinz an die wand. kein frosch der sich fand (verwandlung ihm anzubieten) und bleibt ein geworfener prinz an der wand

Lässt man sich mit Ingritt Sachses Gedichte ein, und das sollte man allemal tun, dann hört man das lachen der wellen, die gewaltige stille der tiefe und manchmal das muschelhorn mit weichem gesang.


sz-online/Sächsische Zeitung vom 24.2.2009:

Lyriklesung zum Meissener Porzellan

Von Wolfgang Zimmermann

Drei Frauen tragen im Atelier Fieber an der Elbe poetische Impressionen vor.

Unter dem Begriff Clerihews versteckt sich eine dem Limerick verwandte Gedichtform. Es sind kurze, präzise und vor allem originelle poetische Beschreibungen von Dingen und Vorgängen. Acht solcher Clerihews bildeten am vergangenen Sonntagnachmittag den Abschluss einer Lyrik-Lesung zum Thema Porzellan an einem dafür sehr authentischen Ort: Im Atelier des Meißner Künstlers Olaf Fieber, gelegen am Dammweg an der Elbe. Der Ort hat nicht nur durch Fiebers Beschäftigung mit dem Porzellan einen passenden Bezug zum Thema. Das Fenster im Rücken der drei Dichterinnen lenkte den Blick ohne Umwege auf die imposante Albrechtsburg und schuf somit auch die gedankliche historische Brücke zum Meißner Porzellan und dessen eigentlichen Schöpfer.
Die drei Frauen waren weit gereist, um nach Meißen zu kommen. Roswitha Hofmann kommt aus Kaufbeuren im Allgäu und ist dort Mitglied eines Autorenkreises. Evelyne Lauber stammt aus dem französischsprachigen Teil der Schweiz, lebt in Basel und betreibt dort ein "Sprach-Atelier".

Aus dem Norden Deutschlands, aus Bremen, war Ingritt Sachse nach Meißen gereist, die neben ihrem Beruf als Psychotherapeutin seit langem schon Lyrik und Prosa schreibt. Alle drei haben sich hier mit dem Thema "Porzellan" beschäftigt. Und die Ergebnisse dieser Suche stellten sie in einer Lesung bei Olaf Fieber nun vor: Üüberschrieben mit "Poetische Impressionen". Wer darunter nun aber "Gereimtes" vermutete, der wäre enttäuscht gewesen. Die Lyrik der drei Frauen war ungebunden. Die Gedanken geformt unter den ganz besonderen Erfahrungen und Eindrücken, die sie in Meißen gemacht hatten. Sie begleiteten lyrisch den gesamten Werdegang der Porzellanschöpfung, von der Kaolinförderung bis hin zum fertig gebrannten und kunstvoll bemalten Ergebnis. Vom "Getuschel im Muschelherz" wusste die eine zu berichten. Während die nächste sich einer "fernen chinesischen Prizessin" widmete und die dritte die Entstehung von Porzellanwelten vom "Urschlamm" aus begleitete.
Geradezu humorvoll wurde die Lyrik dann über die Clerihews, in denen es vor allem um die Potentaten am geschichtsträchtigen sächsischen Hofe und damit natürlich ganz direkt um August, den Starken ging.